Gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV): Technik, Kosten, Vor- und Nachteile
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Die Gebäudehülle kann heutzutage nicht nur Schutz und Komfort bieten, sondern selbst als Stromerzeuger fungieren. Gebäudeintegrierte Photovoltaik verbindet Architektur mit Solarstrom und eröffnet völlig neue Möglichkeiten. In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Technik, die Kosten sowie rechtliche Aspekte.
Was ist gebäudeintegrierte Photovoltaik?
Gebäudeintegrierte Photovoltaik (kurz BIPV oder GIPV) bezeichnet Photovoltaikmodule, die nicht zusätzlich auf einem Gebäude angebracht werden, sondern direkt in die Gebäudehülle integriert sind. Statt herkömmlicher Baumaterialien kommen dabei spezielle Solarmodule zum Einsatz, die sowohl die bauliche Funktion (Schutz vor Witterung, Wärmedämmung, Statik) übernehmen als auch Solarstrom erzeugen.
Im Gegensatz zu klassischen Aufdachanlagen ersetzt BIPV also Baumaterialien. Typische Beispiele sind Solardachziegel, indach verbaute Solarmodule, Solarfassaden, Brüstungen, Oberlichter oder Vordächer aus Glas-Glas-Modulen.
Arten der Gebäudeintegrierten Photovoltaik
Gebäudeintegrierte Photovoltaik lässt sich auf verschiedene Arten umsetzen, je nachdem ob Dach, Fassade oder andere Gebäudeteile die Stromproduktion übernehmen. Jede Art hat eigene technische und gestalterische Besonderheiten.
Indach-Photovoltaik
Bei der Indach-PV werden Solarmodule direkt anstelle der Dachziegel montiert. Sie übernehmen die Funktion der Dacheindeckung und erzeugen gleichzeitig Strom. Das macht zusätzliche Dachmaterialien überflüssig und spart Materialkosten. Indach-Systeme überzeugen vor allem durch ihre harmonische Optik, da keine aufgeständerten Module sichtbar sind. Besonders bei Neubauten oder Dachsanierungen ist diese Lösung beliebt.
Solardachziegel und Solarschindeln
Hierbei handelt es sich um kleine, dachziegelähnliche Module, die Stück für Stück wie klassische Ziegel verlegt werden. Sie eignen sich besonders für komplexe oder kleinteilige Dachformen, bei denen große PV-Module schwer anpassbar sind. Solardachziegel ermöglichen eine nahezu unsichtbare Integration der Photovoltaik, da sie optisch kaum von herkömmlichen Dachziegeln zu unterscheiden sind.
Photovoltaik-Fassade
Eine Solarfassade ersetzt klassische Fassadenelemente wie Glas- oder Metallplatten. Die Module werden entweder als vorgehängte hinterlüftete Fassade oder direkt als Teil der Gebäudehülle eingebaut. Durch unterschiedliche Farben, Muster und Transparenzstufen lassen sich Fassaden gestalterisch anpassen. Diese Art ist besonders interessant, wenn Dachflächen nicht optimal zur Sonne ausgerichtet sind, da Fassaden auch an Süd- oder Westseiten hohe Erträge liefern können.
Semitransparente PV-Gläser
Semitransparente Module werden in Oberlichtern, Wintergärten, Carports, Balkonbrüstungen oder Glasdächern eingesetzt. Sie vereinen Energieerzeugung mit Lichtdurchlässigkeit und schaffen so helle Innenräume mit natürlicher Beleuchtung. Durch verschiedene Transparenzgrade kann das Verhältnis zwischen Stromertrag und Lichtdurchlass gesteuert werden. Diese Bauweise bietet Architekten viele Gestaltungsmöglichkeiten und wird auch in modernen Büro- und Wohngebäuden zunehmend eingesetzt.
Überkopfverglasungen und Sonderlösungen
Dazu gehören PV-Module in Vordächern, Pergolen oder Atrien. Hier ist besonders die Sicherheit entscheidend, weshalb meist Verbundglas mit spezieller Zulassung zum Einsatz kommt. Überkopf-PV schafft nicht nur Strom, sondern auch Schatten und Wetterschutz. Damit bietet sie einen Mehrfachnutzen, der weit über die reine Energiegewinnung hinausgeht.
Kosten für gebäudeintegrierte Photovoltaik
Die Preise für gebäudeintegrierte Photovoltaik liegen bei rund 2.000 und 3.500 Euro pro kWp. Das entspricht 250 bis 600 Euro pro Quadratmeter Modulfläche. Damit liegen die Kosten bis zu 80 Prozent höher als bei klassischen Aufdachanlagen, die durchschnittlich zwischen 1.200 und 1.800 Euro pro kWp kosten.
Neben den reinen Installationspreisen entstehen zusätzliche Kosten für Planung, Statikprüfungen, Genehmigungen und Unterkonstruktionen. Auch die Wartung ist aufwendiger als bei klassischen Anlagen, insbesondere bei Solardachziegeln oder Fassadenmodulen. Reinigung und mögliche Reparaturen sollten daher einkalkuliert werden.
Die Amortisation einer BIPV-Anlage dauert in der Regel länger als bei Aufdachsystemen. Je nach Variante und Förderung liegt die Amortisationszeit zwischen 15 und 25 Jahren. Besonders wirtschaftlich wird BIPV dann, wenn ein Dach oder eine Fassade ohnehin erneuert werden muss. In diesem Fall ersetzen die PV-Elemente herkömmliche Baumaterialien, wodurch sich die Mehrkosten teilweise ausgleichen. Förderungen und ein hoher Eigenverbrauch verbessern zusätzlich die Rentabilität.
Gibt es Förderungen?
BIPV wird, genau wie andere PV-Anlagen, gefördert. Sie können herkömmliche zinsgünstige KfW-Kredite (z. B. Programm 270), die Einspeisevergütung sowie von steuerlichen Vorteilen wie der Umsatzsteuerbefreiung für PV-Anlagen bis 30 kWp profitieren. Zusätzlich fördern einige Bundesländer und Kommunen BIPV über Zuschüsse oder spezielle Programme für Fassaden-PV und energieeffizientes Bauen.
Welche Vorteile hat Bauwerkintegrierte Photovoltaik?
Bauwerkintegrierte Photovoltaik verbindet die Stromproduktion mit Energiegewinnung und architektonischem Nutzen und kann dadurch gleich mehrere Vorteile schaffen.
- Ästhetik und Architektur: BIPV-Module fügen sich harmonisch in Dach oder Fassade ein und wirken optisch ansprechender als klassische Aufdachanlagen. Besonders bei Neubauten oder in sensiblen Umgebungen wie denkmalgeschützten Gebieten ist das ein entscheidender Vorteil.
- Doppelfunktion als Baumaterial: Solarmodule ersetzen Dachziegel, Fassadenplatten oder Glasflächen. So wird Baumaterial eingespart und die Investition teilweise ausgeglichen.
- Platzsparende Lösung: Da BIPV nicht auf das Gebäude aufgesetzt, sondern in die Hülle integriert wird, bleibt die Dachfläche frei und es wird keine zusätzliche Aufstellfläche benötigt. Das macht die Technik auch bei begrenztem Platzangebot interessant.
- Energieautarkie und Klimaschutz: Wie jede PV-Anlage senkt BIPV die Stromkosten und macht unabhängiger von Energieversorgern. Gleichzeitig wird der CO₂-Ausstoß reduziert und ein aktiver Beitrag zur Energiewende geleistet.
- Wertsteigerung der Immobilie: Gebäude mit integrierter Photovoltaik sind architektonisch modern und energieeffizient. Dadurch können sie höhere Marktwerte erzielen und attraktiver für Käufer oder Mieter sein.
- Innovative Gestaltungsfreiheit: Durch die Verfügbarkeit von Modulen in verschiedenen Farben, Transparenzstufen und Oberflächen ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für individuelles Design, das Funktionalität mit Kreativität verbindet.
Herausforderungen und mögliche Nachteile von bauwerkintegrierter Photovoltaik
So attraktiv BIPV auch ist, die Technik bringt einige Herausforderungen und Nachteile mit sich, die bei Planung und Umsetzung berücksichtigt werden sollten.
- Höhere Investitionskosten: Gebäudeintegrierte Systeme sind deutlich teurer als Aufdachanlagen.Die Amortisationszeit verlängert sich dadurch.
- Wartung und Reparatur: Bei Schäden oder Defekten ist der Austausch einzelner Module aufwendiger als bei Aufdachanlagen. Besonders bei Solardachziegeln müssen oft mehrere Elemente entfernt werden, was Zeit und Kosten erhöht.
- Effizienzverluste durch ungünstige Flächen: Fassadenmodule liefern weniger Ertrag als optimal ausgerichtete Dachflächen. Auch Verschattung oder ungleichmäßige Sonneneinstrahlung können die Stromproduktion stärker beeinträchtigen.
- Geringere Flexibilität bei Nachrüstung: BIPV lohnt sich besonders bei Neubauten oder umfassenden Sanierungen. Im Bestand ist die Nachrüstung oft nur eingeschränkt oder mit sehr hohen Kosten möglich.
- Komplexere Planung und Genehmigung: Da BIPV zugleich Baumaterial und Stromerzeuger ist, müssen baurechtliche Vorgaben, Sicherheitsnormen und Netzanforderungen miteinander kombiniert werden. Das erfordert eine sorgfältige Abstimmung zwischen Architekt, Statiker und Installateur.
Normen und rechtliche Aspekte beachten
Für gebäudeintegrierte Photovoltaik gelten in Deutschland nicht nur die üblichen PV-Vorgaben, sondern auch zusätzliche Bau- und Sicherheitsanforderungen, da die Module Teil der Gebäudehülle sind.
- Bauordnungsrecht der Länder: Jede BIPV-Anlage muss die Vorgaben der jeweiligen Landesbauordnung erfüllen. Dazu zählen Brandschutz, Statik, Wind- und Schneelasten sowie Anforderungen an Dach- und Fassadenabdichtungen.
- DIN- und EN-Normen: Relevante Normen sind unter anderem DIN 18008 (Glas im Bauwesen, wichtig für semitransparente und Überkopf-PV), DIN EN 13501 (Brandschutzklassifizierung) sowie die DIN VDE 0100-712 (Errichtung von PV-Stromversorgungssystemen).
- CE-Kennzeichnung und Produktzulassung: BIPV-Module gelten als Bauprodukte und müssen eine bauaufsichtliche Zulassung oder eine europäische CE-Kennzeichnung besitzen. Damit wird bestätigt, dass sie sowohl elektrische als auch bautechnische Anforderungen erfüllen.
- Brandschutzanforderungen: Da PV-Elemente Teil von Dach oder Fassade sind, gelten erhöhte Anforderungen an Brandverhalten und Feuerwiderstand. Häufig wird die Klassifizierung nach DIN EN 13501 herangezogen.
- Netzanschluss und EEG: Auch BIPV-Anlagen müssen im Marktstammdatenregister eingetragen und beim Netzbetreiber angemeldet werden. Für die Einspeisung gelten die Regelungen des EEG, unabhängig davon, ob es sich um Dach-, Fassaden- oder Sonderintegration handelt.
- Denkmalschutz und Gestaltungsvorgaben: Bei Gebäuden unter Denkmalschutz oder in Gebieten mit strengen Bebauungsplänen ist eine Genehmigung der Bau- oder Denkmalschutzbehörde erforderlich. BIPV kann hier eine Lösung sein, erfordert jedoch meist Abstimmung im Einzelfall.
Innovationen und Zukunftsperspektive
Gebäudeintegrierte Photovoltaik entwickelt sich stark weiter: Neue farbige und semitransparente Module ermöglichen eine ästhetisch flexible Gestaltung, während automatisierte Fertigungsprozesse und modulare Systeme die Kosten senken sollen.
Technisch wird an höherer Effizienz, längerer Lebensdauer und optimierter Flächennutzung gearbeitet, damit auch Fassaden und komplexe Dächer wirtschaftlich nutzbar werden. Ein großer Vorteil bleibt die Doppelnutzung von Gebäudeflächen, wodurch keine zusätzlichen Flächen versiegelt werden. Laut Fraunhofer ISE liegt das Potenzial von PV auf Gebäuden bis 2045 bei rund 1000 GWp, sodass BIPV ein zentraler Baustein der Energiewende sein soll.
Fazit
Gebäudeintegrierte Photovoltaik verbindet Design und Energiegewinnung, ist aber teurer und aufwendiger als klassische Aufdachanlagen. Sie lohnt sich vor allem bei Neubauten oder Sanierungen, wenn Dach oder Fassade ohnehin erneuert werden und die Solarelemente herkömmliche Baumaterialien ersetzen können. Förderungen und steuerliche Vorteile gleichen einen Teil der Mehrkosten aus und verbessern die Wirtschaftlichkeit. Wer Wert auf eine ästhetische Lösung legt und gleichzeitig unabhängiger von steigenden Strompreisen werden möchte, sollte BIPV bei der Planung in Betracht ziehen und sich frühzeitig fachkundig beraten lassen.
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